Jahresrundbrief 2013/2014
BGT-Mitglieder-Rundbrief zum Jahreswechsel 2013/2014
Liebe BGT-Mitglieder,
dieser Mitgliederrundbrief möchte Sie kurz über einige Formalien informieren und Ihnen dann einen Rückblick auf unsere Arbeit im Jahr 2013 geben.
Rückblick auf das Jahr 2013
Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im deutschen Betreuungswesen beschäftigt den Betreuungsgerichtstag schon seit mehreren Jahren. Unter dem Titel "Menschen und Rechte – Behindertenrechtskonvention und Betreuung" fand im November 2010 der 12. Betreuungsgerichtstag statt. Auch der 13. Betreuungsgerichtstag im November 2012 lieferte unter dem Titel "20 Jahre Betreuungsrecht – da geht noch mehr! Selbstbestimmung achten – Selbstständigkeit fördern" Impulse in diese Richtung. Das alte Reformanliegen, Wunsch und Wille der Betroffenen in den Mittelpunkt des Betreuungsrechts zu rücken, beschäftigt uns auch weiter.
Ein Schwerpunkt der Arbeit im BGT-Vorstand und auch in einer interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe des BGT war das Thema Zwangsbehandlung. Auch hier geht es im Kern um den Wunsch und Wille des Betroffenen, in der extremen Situation, dass der Betroffene seine Wünsche nicht mehr äußern kann. In diesem Sinne äußerte sich der BGT im Jahr 2012 mehrmals zu Fragen zur Zwangsbehandlung innerhalb einer betreuungsrechtlichen Unterbringung (BtPrax 1/2013, 21f). Am 26. Februar 2013 traten dann neue gesetzliche Regeln für die Zwangsbehandlung im Rahmen der betreuungsrechtlichen Unterbringung in Kraft (siehe BtPrax 2/2013, 44ff, BtPrax 3/2013, 83-98).
Offen waren im Jahr 2013 noch die Fragen zur Zwangsbehandlung in den Psychisch-Kranken-Gesetzen der Länder. Außerdem stellte sich die Frage nach der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den PsychKGen der Länder. Der BGT hat im Februar 2013 Vorschläge für eine Behandlungsregelung in PsychKGen unterbreitet und diese an die zuständigen Ministerien des Bundes und der Länder versandt (BtPrax 4/2013, 147f). Im August 2013 hat er sich zum hessischen Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts zur Unterbringung psychisch kranker Menschen vom 3. Juli 2013 geäußert (BtPrax 5/2013, 200f). Wir haben dabei gefordert, dass es sich bei den Psychisch-Krankengesetzen der Länder nicht mehr um polizeirechtliche Gefahrenabwehr, sondern um psychiatrische Krisenintervention im Rahmen eines Gesamtkonzepts psychiatrischer Hilfsangebote handeln müsse. Die Psychisch-Krankengesetze der Länder müssen starke präventive Elemente enthalten und so zu "Unterbringungsverhinderungsgesetzen" werden. Eine besonders kritische Position nehmen wir zu den in den Psychiatriereferaten offenbar nicht aufgegebene Meinung ein, ärztliche Zwangsbehandlung sei auch zum Schutz Dritter zulässig. Die schwersten Bedenken erheben wir gegen die Zulassung der Zwangsbehandlung bei einwilligungsfähigen Personen. Diese Regelung kann nach unserer Ansicht schon deshalb keinen Bestand haben, weil Menschen, die ihren Willen frei bestimmen können, also einsichts- und entscheidungsfähig sind, gegen ihren Willen keinen Eingriffen in ihre körperliche Unversehrtheit unterzogen werden dürfen.
Regionale Tagungen
- Der 26. BGT West beschäftigte sich am 27. Februar 2013 in der Ev. Fachhochschule Bochum mit dem Thema "Zwangsbehandlung? Es geht auch anders!" akzentuiert aus ärztlicher und pflegerischer Sicht. Martin Zinkler, Chefarzt am Klinikum Heidenheim, berichtete von seinen Erfahrungen bei der Behandlung chronisch psychotischer Patienten ohne Zwangsbehandlung, Bruno Hemkendreis, Vizepräsident der Deutschen Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege, fragte: "Heilt oder traumatisiert Zwangsbehandlung?"
- Auch der 9. Württembergische BGT am 8. März 2013 in der Hochschule Ravensburg-Weingarten widmete sich der Frage "Autonomie und rechtliche Betreuung - wann sind Zwangsmaßnahmen noch zulässig?" Nach den Eröffnungsvorträgen konnten die Teilnehmer in verschiedenen Arbeitsgruppen die Zwangsbehandlungsthematik vertiefen. Der Tag endete mit der Podiumsdiskussion "Heilen unter Zwang – ein Streitgespräch". Ausführlicher Bericht in der BtPrax 4/2013, 147.
- Der 4. Bayerischer BGT am 25. Juli 2013 in München sprach sich "Für mehr Qualität im Betreuungsverfahren" aus. Hier wurde nach der Qualität von Gutachten im Betreuungsverfahren, den Fortbildungsmöglichkeiten für Richterinnen und Richter, Eignungskriterien für Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer, der Qualität der Verfahrenspflegertätigkeit sowie den neuen Aufgaben der Betreuungsbehörden gefragt.
- Der 6. BGT-Mitte am 31. Juli 2013 in Kassel behandelte die Frage "Zwangsbehandlung" – oder "Mein Recht auf Krankheit?" mit einem Vortrag von Prof. Dr. Martin Ohlmeier aus medizinischer und Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp aus rechtlicher Sicht. Zum Schluss beantwortete Margret Osterfeld die Frage "Zwangsbehandlung – Was bringt eine Patientenverfügung?".
- Der 3. BGT Sachsen-Anhalt griff die Diskussion um den demografischen Wandel auf und machte am 30. und 31. August 2013 in Haldensleben "Demenz - eine Aufgabe für die rechtliche Betreuung" zum Thema. Die Vorträge beschäftigten sich mit dem Recht auf Verwirrtheit, Fragen rund um PEG und künstliche Ernährung sowie die Begleitung pflegender Angehöriger.
- Einen weiten Blick in die Zukunft gönnte sich der 11. Nord-BGT am 12.-14. September 2013 in Hildesheim mit dem Thema "50 Jahre Betreuungsrecht – ein ungewöhnlicher Ausblick". Nach einem einführenden Vortrag von Peter Winterstein beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in vier Zukunftswerkstätten mit den Themen "Zwangsbehandlung vor Selbstbestimmung?", "Betreuungsrecht – weiter flicken oder neu stricken?", "Kommunalisierung des Betreuungsrechts bzw. Strukturreform?" und "Der Bürgergesellschaft gehen die Bürger aus – Ehrenamt als Bürgerpflicht!?" Am Ende der Tagung stand die Hildesheimer Erklärung "Änderung in den Köpfen!" welche die Umsetzung des Selbstbestimmungsrechtes der Betroffenen als Handlungsmaxime aller im Betreuungswesen Tätigen fordert (BtPrax 6/2013, 244f).
- Wichtig für die Entwicklung des Betreuungswesens waren im Jahr 2013 sicherlich auch die regelmäßigen Treffen des "Kasseler Forums", zu dem wir die Verbände im Betreuungswesen eingeladen haben. Nachdem im Jahr 2012 erfolgreich fachliche Eignungskriterien für beruflich tätige Betreuer verabschiedet werden konnten (BtPrax 5/2012, 199ff), beschäftigte sich die Gruppe in diesem Jahr mit Assistenzmodellen innerhalb und außerhalb der Betreuung.
Im Oktober 2013 haben Sie als BGT-Mitglied Bd. 13 unserer Reihe "Betrifft: Betreuung" erhalten. "20 Jahre Betreuungsrecht – da geht noch mehr Selbstbestimmung achten – Selbstständigkeit fördern!" Das Buch wurde von Dr. Andrea Diekmann und Gerold Oeschger in ehrenamtlicher Schriftleitung herausgegeben. Falls der Band Sie nicht erreicht hat, melden Sie sich bitte in der Geschäftsstelle!
Der 14. bundesweite Betreuungsgerichtstag vom 20.-22. November 2014 in Erkner bei Berlin wird sich unter dem Motto "Wunsch und Wille der Betroffenen" mit der Umsetzung des Selbstbestimmungsrechts der Betreuten in den verschiedenen Aufgabenkreisen der Betreuung und den unterschiedlichen Lebenslagen der Betreuten befassen. Auch bei der Einrichtung einer Betreuung hat das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eine zentrale Bedeutung, weshalb der 14. Bundes-BGT sich mit der Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde beschäftigen wird. Alle Interes-sierten sind schon jetzt herzlich eingeladen! Das Programm erscheint in der BtPrax 3/2014. BGT-Mitgliedern wird das Programm Anfang Mai 2014 zugeschickt.
Vorankündigungen:
- 27. BGT West
Achtung der Würde alter Menschen
18. Februar 2014, 14-18 Uhr in Bochum
- 5. Gemeinsame Fachtagung mit der Gesellschaft für Soziale Psychiatrie und anderen Fachverbänden
Begegnung mit süchtigen Klienten - eine unvermeidbare Herausforderung zum gemeinsamen Handeln
06. März 2014 in Nürnberg
- 10. Badischer BGT
11. April 2014 in Freiburg - 14. bundesweiter BGT
Wunsch und Wille der Betroffenen
20.-22. November 2014 in Erkner bei Berlin
Das aktuelle Programm der Tagungen und Tagungsmaterialien sowie alle unsere Stellungnahmen finden Sie unter www.bgt-ev.de.
Am 31. März 2014 ist der Einsendeschluss für die Bewerbung zum BGT-Förderpreis im Andenken an Lothar-Kreyssig. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert, Hauptsponsor ist der Bundesanzeigerverlag. Der Preis wird an Einzelpersonen und Institutionen vergeben, die neue Wege gehen in der Anwendungspraxis des Betreuungsrechts und bei der Förderung von Netzwerken im professionellen und ehrenamtlichen System des Betreuungswesens: www.bgt-ev.de/bgt-foerderpreis.html
Wir hoffen, dass es Ihnen auf unseren Veranstaltungen im Jahr 2013 gefallen hat. Ein herzliches Dankeschön an alle, die bei der Vorbereitung dieser Tagungen engagiert waren!
Wir wünschen Ihnen erholsame Feiertage und für das Jahr 2014 weiterhin alles Gute für Ihre engagierte Arbeit im Betreuungswesen!
Peter Winterstein Karl-Heinz Zander
Vorsitzender Geschäftsführer