Jahresrundbrief 2016/2017

BGT-Mitglieder-Rundbrief zum Jahreswechsel 2016/2017

 

Liebe BGT-Mitglieder,

dieser Mitgliederrundbrief möchte Ihnen einen Rückblick auf unsere Arbeit im Jahr 2016 geben.

Rückblick auf das Jahr 2016

Inhaltlicher Schwerpunkt unserer Arbeit war im vergangenen Jahr die Vorbereitung und Durchführung des vierten Weltkongresses Betreuungsrecht, der vom 14. – 17.09.2016 im Bildungszentrum Erkner stattfand.

Weltkongress Betreuungsrecht

Schon in der Vorbereitungsphase wurde deutlich, dass die UN-Behindertenrechtskonvention einen zentralen Einfluss auf die Themen des Weltkongresses haben würde. So begann der Weltkongress mit einem Vortrag zum deutschen Betreuungsrecht durch Hans-Joachim Dose, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. Es folgte eine Darstellung des Erwachsenenschutzrechts im internationalen Vergleich durch Adrian Ward aus Schottland. Theresia Degener, die Vizepräsidentin des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, stellte sodann Erwachsenenschutz, Vormundschaft und Betreuung aus menschenrechtlicher Behinderungsperspektive dar. Im Anschluss an diesen Vortrag kamen zwei Betroffene mit ihren Erfahrungen zu Wort.

Der zweite Tag des Kongresses war von morgens bis abends dem fachlichen Austausch in 14 Panels gewidmet. Am dritten Tag der Tagung richtete sich der Blick in die Zukunft: Michael Ganner, Professor für Zivilrecht in Innsbruck, referierte zu Herausforderungen und Reformen des Erwachsenenschutzes, Vertreter der Bundesjustizministerien Österreichs, der Schweiz und Deutschlands gaben Statements dazu ab. Den Schluss bildete die Aktualisierung der Yokohama-Deklaration, die auf dem ersten Weltkongress Betreuungsrecht 2010 in Yokohama beschlossen worden war. Nun haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Weltkongresses die Notwendigkeit zur Abschaffung aller Formen von Entmündigung besonders betont. Anzustreben sind Systeme, die ausschließlich der rechtlichen Unterstützung und dem rechtlichen Schutz von Erwachsenen dienen.

Auch der deutschsprachige Teil des Weltkongresses war voller interessanter Plenarvorträge, Teilplenen und Arbeitsgruppen. Hier wurde für die deutsche Situation die Abschlusserklärung „Entmündigung raus aus den Köpfen!“ formuliert.

Insgesamt 560 Interessierte aus 29 Ländern und allen fünf Kontinenten haben am Weltkongress Betreuungsrecht teilgenommen. Wir konnten insgesamt 82 Referentinnen und Referenten für Beiträge auf dem Weltkongress gewinnen, davon kamen 48 aus Deutschland und 34 aus allen Teilen der Welt.

Gelobt wurde von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die überaus lebendige und an inhaltlichem Austausch interessierte Atmosphäre des Weltkongresses. „Eine Stimmung wie in den Anfangstagen des Betreuungsrechts!“ bemerkte einer der Teilnehmer. Abends gab es jeweils Gelegenheit zur Entspannung: Bootsfahrt auf der Spree durch das abendliche Berlin, Herbstfest und klassische Musik und die Disco am Schlussabend.

Der internationale Austausch brachte für die deutschen Teilnehmenden zahlreiche Anregungen. Einige Beispiele: 

  • Die Einbeziehung von Betroffenen bei der Entwicklung des Erwachsenenschutzes ist in anderen Ländern weiterentwickelt als in Deutschland. Hier existieren wegweisende Modelle, von denen wir lernen können.
  • Der finanzielle Missbrauch von alten und pflegebedürftigen Menschen findet in anderen Ländern (z.B. Japan, Singapur, Florida) größere Beachtung als bisher in Deutschland. Hier könnte das deutsche Gesundheits- und Betreuungssystem etwas über die Bekämpfung dieses Missbrauchs lernen (vgl. Uwe Brucker in BtPrax 5+6/2016).
  • Neben dem individuellen Erwachsenenschutz ist es durchaus lohnend, über die Stärkung des allgemeinen Verbraucherschutzes in einem Land nachzudenken, um auch – und besonders – die Schwachen der Gesellschaft zu schützen. Hier hat Fumi Suga aus Japan wichtige Hinweise geliefert.

Das Gesamtprogramm des Weltkongresses und Tagungsmaterialien finden sich unter www.wcag2016.de. Im Frühjahr 2017 werden die wichtigsten Beiträge in Band 15 unserer Veröffentlichungsreihe „Betrifft: Betreuung“ erscheinen.

Zum Schluss möchten wir dem International Guardianship Network (IGN) mit seinem Vorsitzenden Jochen Exler-König sowie den vielen internationalen und nationalen Referentinnen und Referenten für ihren Einsatz auf dem Weltkongress danken! Unermüdlich im Einsatz waren Studentinnen und Studenten der Universität Göttingen und der Technischen Hochschule Köln. Sie haben unsere ausländischen Gäste empfangen und dem Kongress ein freundliches Gesicht gegeben. Dem Medienbüro Beate Schneiderwind danken wir für die engagierte Öffentlichkeitsarbeit.

Herzlicher Dank gilt dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die gute Zusammenarbeit und die Zuwendungen beider Ministerien für die Durchführung des Kongresses. Nicht zuletzt ist auch den Buchverlagen und Softwarefirmen zu danken, die durch ihre Spenden eine reibungslose Durchführung des Kongresses möglich machten. Der nächste Weltkongress Betreuungsrecht findet im Jahr 2018 in Korea statt.

Stellungnahmen und Mitarbeit

Unsere Stellungnahmen konzentrierten sich im Jahr 2016 auf die Novellierung der PsychKGs in verschiedenen Bundesländern. So nahmen wir Stellung zum Referentenentwurf und zum Regierungsentwurf des PsychKG NRW und zum PsychKG- Entwurf der Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern und in Hessen. In den letzten Tagen des Jahres 2016 nahmen wir zum BMJV-Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechtes von Betreuten Stellung. Die Stellungnahmen finden sich auf unserer Website.

Wir konnten unsere Positionen weiterhin durch die Mitarbeit im Fachausschuss „Freiheitsrechte“ des Inklusionsbeirates der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, durch unsere Mitarbeit im wissenschaftlichen Beirat des Forschungsvorhabens der Aktion Psychisch Kranke und durch die Mitarbeit beim Forschungsprojekt Emma der Universität Frankfurt vertreten. Mitglieder des Vorstands waren in den Beiräten der beiden gegenwärtigen Forschungsvorhaben des BMJV „Qualität in der Betreuung“ und „andere Hilfen“ vertreten.

Bezüglich regionaler Aktivitäten des Vorstands sei nur beispielhaft die Mitarbeit beim Runden Tisch Betreuung in Niedersachsen und bei der Überörtlichen Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen in NRW genannt.

Regionale Tagungen

Die regionalen Betreuungsgerichtstage im Jahr 2016 bildeten mit ihren vielfältigen Themen die aktuellen Entwicklungen im Betreuungswesen ab.

Beim 29. West-BGT am 02. März 2016 in Bochum ging es um die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Betreuten und um die Stärkung der Akteure im Betreuungswesen.

Der 11. Badische BGT am 18. März 2016 in Freiburg beschäftigte sich mit „Betreuung und Teilhabe“ und diskutierte die wichtigen Schnittstellen zum Bundesteilhabegesetz und zum Pflegestärkungsgesetz.

Der 9. BGT-Mitte am 14. Juli 2016 in Kassel diskutierte unter dem Titel „Risiko Vorsorgevollmacht“ die Fragen rund um Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers, den Spielraum des Bevollmächtigten und andere Fragen zu Vorsorgevollmacht.

Kasseler Forum

Im Verlauf des Jahres 2016 wurde immer deutlicher, dass die Existenz der Betreuungsvereine und die qualitätvolle Arbeit der Berufsbetreuer durch das Ausbleiben einer Vergütungserhöhung einer zunehmenden Gefährdung unterliegen. Die im Kasseler Forum zusammengeschlossenen Verbände im Betreuungswesen haben in zahlreiche Kontakte zu Politikern und den Justizministerien auf diese Gefahr aufmerksam gemacht. Sie hoffen, dass durch eine Gesetzesänderung bald Abhilfe geschaffen werden kann.

Vorankündigungen 2017:

  • 11. Württembergischer BGT
    25 Jahre Betreuungsrecht – Anspruch und Wirklichkeit
    10. März 2017 ganztägig an der Hochschule Ravensburg-Weingarten
  • 30. West BGT
    Sand im Getriebe – Blockaden im Betreuungsalltag!
    14. März 2017 von 14.00 – 18.00 Uhr an der Ev. Hochschule Bochum
  • 13. BGT Nord
    28. September 2017 ganztägig im Haus des Sports in Kiel
    Der in der BtPrax 6/2016 angekündigte dreitägige BGT Nord in Lübeck kann leider nicht stattfinden.
  • 6. Bayerischer BGT
    Betreuung und Medizin – eine spannende Schnittmenge. Ansätze für eine gelingende Zusammenarbeit.
    09. Oktober 2017 ganztägig im Bezirksklinikum Regensburg

Die aktuellen Programme mit weiteren Informationen  (Teilnehmerbeiträge etc.) finden Sie jeweils zeitnah unter www.bgt-ev.de.

Studenten, Promovierende und Sozialleistungsempfänger zahlen bei uns einen ermäßigten Beitrag von 30 Euro im Jahr. Seit einigen Jahren machen wir unseren Mitgliedern das Angebot, bei Erreichung des Rentenalters eine Ermäßigung des Mitgliedsbeitrags auf 30 Euro pro Jahr zu beantragen. Immer mehr Mitglieder machen davon Gebrauch. Wir freuen uns, langjährige Mitglieder auch weiter zu unserem Mitgliederstamm zählen zu dürfen!

Wir hoffen, dass es Ihnen auf unseren Veranstaltungen im Jahr 2016 gefallen hat. Ein herzliches Dankeschön an alle, die bei der Vorbereitung der Tagungen und der Abfassung unserer Stellungnahmen engagiert waren.

Wir wünschen Ihnen für das Jahr 2017 alles Gute für Ihre engagierte Arbeit im Betreuungswesen!

Peter Winterstein                              Karl-Heinz Zander

Vorsitzender                                        Geschäftsführer